Sven Paustian, Pirmasens

Shortlist BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2012

Weinberghaus

Wörrstadt

Sven Paustian, Pirmasens

Weinberghaus

Wörrstadt
Projekt
Weinberghaus
Architekt
Technische Universität Kaiserslautern - Fachbereiche Architektur und Bauingenieurwesen

 

Das Versuchs- und Forschungsgebäude „Weinberghaus“ der Technischen Universität Kaiserslautern wurde 2011 im Weinberg bei Wörrstadt zur Erprobung von Entwurfs- und Konstruktionsstrategien mit ultra-hochfestem Beton eingeweiht. Die Umsetzung des Weinberghauses basiert auf dem studentischen Entwurf von Christoph Perka in Kooperation mit Prof. Bernd Meyerspeer und Prof. Dirk Bayer, Fachbereich Architektur und Prof. Jürgen Schnell und Jun. Prof. Christian Kohlmeyer Fachbereich Bauingenieurwesen. Weinberghäuser – Bautypen, deren Schwerpunkt im Mittelmeerraum liegt – finden sich in ähnlichen formalen Ausprägungen auch in den Weingegenden des Süd- westens der Republik. lhre eigenartigen Konstruktionen haben immer wieder die Frage nach ihrer Herkunft aufgeworfen. Aus der Baugeschichte ist bekannt, dass ihre ursprüngliche Form auf ein überkuppeltes Rundhaus zurückgeht, das zuerst als ummanteltes Skelett, später dann als steinerne Wölbung auf rechtwinkligem Grundriss errichtet wurde. Nicht nur topographisch – in der Regel befinden sie sich außerhalb der geschlossenen örtlichen Bebauung – auch formal stehen sie außerhalb der bekannten stilgeschichtlichen Einordnungen und Erklärungen. Dennoch weisen sie in vielen Fällen in ihrer Erscheinungsform auf die Urbilder und Urformen des archaischen Bauens hin.
In einem Entwurfsseminar an der Technischen Universität Kaiserslautern wurde die Frage gestellt, wie sich dieser Bautyp in eine zeitgemäße Konstruktion und Form übertragen lässt, ohne in weinselige Klischees zu verfallen. Da die Absicht bestand, das überzeugendste Entwurfsergebnis mit Betonfertigteilen zu bauen und nicht nur in Modellen zu veranschaulichen, standen von Anfang an, neben der Konstruktion und Erscheinung, die Fragen der materiellen Fügung von Boden, Wand und Dach im Mittelpunkt der Betrachtungen. In Studien und Vormodellen wurden unterschiedliche Fügungsmöglichkeiten mit der Vorgabe untersucht, dass mit einer Grundgeometrie möglichst alle Fügungsvarianten gelöst werden müssen. Versuchsreihen mit Probestücken erbrachten Aufschluss über Materialtauglichkeit, statische Beanspruchung und Stabilität. Mit dem eingesetzten Hochleistungsbeton konnten dessen charakteristische Eigenschaften wie hohe Festigkeit, hohe Dichte und hohe Fließfähigkeit für den Bau von nur drei Zentimeter dicken Fertigteilen für Boden, Wand und Dach ausgenutzt werden.

Der Beitrag steht für einen wesentlichen Bestandteil der Lehre, nämlich der Forschung und Erprobung von Entwurfs- und Konstruktionsstrategien mit einem universellen Baustoff und ihrer anschließenden Realisierung. Die erreichte zusammenarbeit von Architektur- und Bauingenieurlehre sowie der gemeinschaftlich versuchsweisen Umsetzung mit Studierenden ist beispielhaft und zu begrüßen. Das Ergebnis der Forschung mit einfachen Fügedetails und reduzierten Materialstärken kommt gerade bei der ausgeführten Hausgröße überzeugend zur Wirkung. Auf der Grundlage eines gewählten archaischen Haustyps misst der Verfasser der Arbeit eine regionale Bedeutung bei.

Das Weinberghaus in Wörrstadt, südwestlich von Mainz in einer sanften Hügellandschaft gelegen, ruft die archetypische Figur in Erinnerung und fordert die Wahrnehmung, denn der Standpunkt des Betrachters und die Wetterlagen verändern, über den parallelogrammförmig verzogenen Grundriss und die Farbigkeit des Materials, die Sehperspektiven.

Shortlist

BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2012 – Engere Wahl